Dienstag, 31. Mai 2016
Argh, ich muss unbedingt ins Café Riptide! Ist schon der letzte Tag im Monat, und ich hatte noch gar keine Zeit, mich mal wieder ausführlich mit den Aktivitäten dort zu befassen. Immer war was, und so verstrich der Mai wie nix. Wenn wenigstens die unangenehmen Monate so flott vorbei wären wie dieser. Obwohl, so richtig durchgehend angenehm war er ja nun auch wieder nicht. Pfingsten war dank der Eisheiligen ein Schlag ins Wasser und seitdem ist der Mai ein Mix aus Frost und Schwüle, teilweise gefühlt gleichzeitig. War nix diesmal mit gechilltem Rumlungern auf der Teppichoase des Mokkamakers beim Mittelaltermarkt, was aber auch daran lag, dass der Mokkamaker nicht mehr dabei war und der Ersatz aus der Oase einen bestuhlten Unterstand machte. Weniger gemütlich, bei Regen aber zweckdienlicher, also versehentlich richtig.
Der Mai, der Monat der Feiertage; außer Ostern und Weihnachten hat’s fast alles in den Wonnemonat verlegt. Sogar den 1. Mai. Ha, ha. Dabei war der dieses Mal gar nicht so besonders, als arbeitgeberfreundlicher Sonntag. Und weil die Kirche im Rheinland so unklassenkämpferisch war, fand an dem Tag die Konfirmation meiner jüngsten Nichte statt, in Bonn, und ich konnte nicht zum DGB-Fest am FBZ, dem früheren. Na, was mir da an multikulturellem Flair entging, kann ich am 4. Juni bei „Braunschweig international“ auf dem Kohlmarkt nachholen. Aber trotzdem! Immerhin brach an Himmelfahrt der Namensgeber auf und erfreute die Bierseligen mit allerbestem Sommersonnenwetter. So gut, wie es nach jenem Wochenende nicht mehr werden sollte.
Was nun nicht Feiertag war, nahm mich ansonsten trotzdem zu sehr in Beschlag, um ins Riptide zu gehen. Abgesehen von einem Treffen mit einer Cousine, die ich seit 25 Jahren nicht sah und die mich auf Facebook entdeckte. Ja ja ja, nicht alles ist schlecht an Facebook. À propos, noch gar nicht gecheckt heute. Egal. Nicht mal zu Sound On Screen schaffte ich es, aber dafür zum nächsten Mal ganz gewiss, wenn am 23. Juni eine Auswahl großartiger David-Bowie-Videos im Universum-Kino zu sehen ist. Ich hoffe sehr, dass auch mein Favorit dabei ist: „I’m Afraid Of Americans“ mit Trent Reznor, der das Stück dafür auch remixte. Und natürlich „Blackstar“, das zehnminütige Titelstück zum letzten Album. Beim letzten Sound On Screen war „All Tomorrow’s Parties“ zu sehen, eine Dokumentation über die Festivalreihe, die jedes Mal von einem anderen Musiker kuratiert wird. Im Vorprogramm lief zum dritten und letzten Mal der Trailer zu dem Riptide-100-Film, den Micha A. und Stef zurzeit mit mir erstellen. Das Komplizierte daran ist, Text und Bild übereinzubringen; Micha zeigte mir den Rohschnitt. Und wir füllten die erforderlichen Lücken erst kürzlich mit Über-die-Schulter-Schüssen mit Blick auf den Laptop, an dem ich den Text erstellte, der im Film zu hören sein wird. Kompliziert? Ist es. Wir hoffen nun darauf, dass der fertige Film dann nicht nur online zu sehen sein wird – es gibt da deutliche Signale, über die wir uns freuen wie Schneekönige im Mai.
Das nächste Projekt läuft zur Zeit in Olafs Arbeitszimmer: Er erarbeitet das nächste Album seiner Blinky Blinky Computerband, mit mehr Gästen als sonst, darunter mit Überraschungen (Olaf mischte zum Beispiel Arnis Gitarrenarbeit auf unkonventionelle Weise in seinen Elektrosound – digital trifft organisch) sowie auch wieder meiner Stimme. Unter anderem! Aber dazu später mehr. Unsere Aufnahmen verliefen wie immer, wenn wir zusammen etwas machen: Olaf spielt mir Demos vor, die lasse ich auf mich wirken. Nach einer Weile bitte ich um Zettel und Stift und Olaf stellt mir das Mikrofon hin. Wie beim Film ist die Nacharbeit das Umfangreichste. Ich bin so gespannt auf das Album. Das präsentiert Olaf am 1. Oktober im Tegtmeyer beim „Strange Electro Pop Festival“, mit den weiteren Gästen Synergy, Infernosounds und – man höre und jubele – Psyche, die seit 1985 aktiv sind und deren Songs „Eternal“, „Brain Collapses“, „Disorder“, „Unveiling The Secret“ sowie das Q-Lazzarus-Cover „Goodbye Horses“ bis heute in den Gruftclubs rotieren.
Auch im Mai fand der jüngste Tanztee von Rille Elf statt, leider an Muttertag und dem eben sehr warmen Wochenende, weshalb der Keller im Tegtmeyer recht leer blieb. Doch wir waren ganz Rock’n’Roll und bildeten bis zum „Tatort“ mit sechs DJs die Mehrheit über die maximal vier Tänzer. Da kennen wir nix und ziehen durch! Ob wir das mit unserem ersten „Ball im Bierhaus“ auch machen, wissen wir indes noch nicht: Der Termin ist für den 16. Juni angesetzt, an dem leider auch die deutsche Fußballnationalmannschaft ihr erstes Spiel im Zuge der EM bestreitet. Wir könnten uns ein Beispiel an der Zappen.Duster.Band aus Wendschott nehmen, die auch vor einer Handvoll Leuten von halb neun bis Mitternacht den Hof von Harrys Bierhaus rockte. Wir könnten aber auch klein beigeben und von uns aus sagen, dass wir auf einen Tag mit weniger Begleitprogramm vertrauen. Steht noch aus!
Mit Rille Elf waren wir auch im Mai bei Radio Okerwelle zu Gast. Florian lud uns in seine Sendung „Whats Up“ ein. Was für ein Spaß! Florian ist ein großartiger Gastgeber, der sich mit dem Metier auskennt und nur bei einem Song unserer gewohnt wilden Auswahl sagte, dass er ihn nicht kannte. Respekt! Die Show gibt’s auf Mixcloud nachzuhören.
Und dann war Alfred Hilsberg in Wolfsburg, auch das im Mai, und zwar als Talk-Gast im Kunstverein. Im Gespräch mit dessen Vorsitzenden Justin Hoffmann, seinerseits Musiker bei F.S.K., sprach er über seine Labels Zickzack und What’s So Funny About, die Neue Deutsche Welle und seine Wurzeln in Wolfsburg. Die erste Single von F.S.K. trägt übrigens die Katalognummer ZZ6: Hilsberg veröffentlichte sie seinerzeit auf seinem noch jungen Label. Das Gespräch war unterhaltsam und erhellend, da trafen zwei beseelte Experten aufeinander, ergänzt durch Anita Placenti-Grau vom Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation und Hilsbergs Biografen Christof Meueler.
Und außerdem war ich auch im Mai eine Woche im Urlaub, in Dänemark, auf der Insel Mors, deren Name Programm ist: Der Mors der Welt hat da bestimmt eine Exklave. Ringsum, auch in Thy, schlossen die Restaurants schon um 21 Uhr, sofern sie denn überhaupt geöffnet hatten. Also genau das Richtige, um mal runterzukommen. Dafür ist die Gegend dort so abwechslungsreich, wie selbst viele Dänen nicht ahnen: Ans Hobbitsche Auenland erinnernde liebliche Hügel enden abrupt direkt am Limfjord und bilden dort Steilküsten. Steht man am Wasser, kreischen keine Möwen, sondern es ruft der Kuckuck. Und in der Dünenlandschaft von Thy sieht es auf unüberblickbarer Fläche aus wie in einer Wüstenei. Und dann dieser Fisch! Und der Sturm, der die Nordsee mit einer gigantischen Wucht an die Kaimauern von Hanstholm preschte!
Nur Plattenläden haben sie dort nicht. Nicht mal Ketten, Fona zum Beispiel hat jüngst seine Filialen in Kleinstädten geschlossen. Strukturschwach wie Brandenburg. Sogar eine einst für viele Bewohner von Mors relevante Fähre verbindet die Insel seit diesem Jahr nicht mehr mit Südthy, dafür müssen sie jetzt einen erheblichen Umweg über die Brücke weiter nördlich nehmen. Als ich vor 20 Jahren schon mal dort unterwegs war, gab es noch drei Fähren zur Insel – jetzt nur noch eine, aber zwei Brücken. Und keinen Plattenladen.
Ja, ich muss dringend ins Riptide. Das neue „intro“ sollte da sein, außerdem will ich mal fragen, ob sie mir „Black Yo)))ga“ besorgen können. Gut. Dann also los! Bis gleich!
Matze van Bauseneick
www.krautnick.de