#05 Geister

Erst kommen die Fernsehstars ins Café Riptide, dann kommt das Café Riptide ins Fernsehen. Nach Horst Janson war es dieses Mal die Schweizerin Isabella Schmid, Ex-„Hinter Gittern“, die mit einem Kollegen ihren Kaffee bei André und Chris trank. „Ich wusste ja gar nicht, dass sie auch im Fernsehen ist“, erzählt André an diesem St. Patrick’s Day. Schmid und ihr Kollege mit dem Wiener Akzent waren in der Woche öfter im Café Riptide. „Im Vorbeigehen habe ich mitbekommen, dass sie was mit Schauspielerei zu tun haben“, sagt André. Beide spielen tatsächlich in der Komödie am Altstadtmarkt im Hitchcock-Stück „Bei Anruf Mord“. André berichtet weiter: „Irgendwann fragte sie: ‚RTL dreht gerade einen Film über mich, dürfen die auch in meinem Lieblingscafé in Braunschweig filmen?’“ Chris und André sagten zu, und keine drei Minuten später wimmelte es im Café von Kameras, Lampen und Filmleuten. André wurde dabei gefilmt, wie Schmid ihm eine Autogrammkarte gab. Die kann man jetzt an der Theke bewundern. Dann hat er ihr eine Latte Macchiato serviert. „Die haben auch im Café herumgefilmt und sie hat gesagt, dass das ihr Lieblingscafé in Braunschweig ist.“ Leider haben sie das im fertigen Bericht herausgeschnitten. Nicht einmal den Namen haben sie genannt. Aber egal: André und das Café Riptide waren auf RTL zu sehen. Damit sind sie in guter Gesellschaft: „Ich hab letztens einen Bericht über das Nichtraucherschutzgesetz auf Spiegel-TV gesehen“, sagt André. „Da haben sie Toddn vom Roten Korsar interviewt.“ Die Braunschweiger Subkultur im Privatfernsehen. Jetzt geht’s aufwärts. Und Isabella Schmid hat nicht nur Kaffee getrunken, erzählt André: „Einen Button von den Blood Brothers hat sie sich auch gekauft.“

Nicht nur Kaffee trank auch Jörg. Er probierte auf Andrés Vorschlag hin „Hausmarke“, die Cola mit mehr Kaffee drin. „Und, wie ist die?“, fragt ihn André. „Die ist lecker“, findet Jörg. „Die hat so’nen Hintergrundgeschmack nach Kaffee.“ André erklärt: „Die ‚Hausmarke’ ist von denen, die auch die Hermann-Kola machen.“

Chris geht mit Uwe von Cargo Records deren Neuveröffentlichungen durch und bestellt Platten und CDs für den Laden. „Das Café Riptide ist einer der besten Läden in ganz Norddeutschland“, findet Uwe. Er grinst: „Hier gibt’s die größte Vinyl-Auswahl in ganz Braunschweig.“ Sein aktueller Musik-Tip sind die Gutter Twins. „Das sind Mark Lanegan von den Screaming Trees und Greg Dulli von den Afghan Wigs.“ Den Albumtitel hat er vergessen, Chris hilft mit „Saturnalia“ nach. „Ich merke mir keine Namen und Zahlen“, sagt Uwe. „Ich merke mir eher, dass Chris auf rechtsdrehendes Vinyl steht.“

Das neue Album von Nine Inch Nails, „Ghosts I-IV“, gibt es nur auf deren Webseite zu bestellen. „Das können sich nur die Großen erlauben, wie Radiohead oder Nine Inch Nails“, sagt Uwe. „Wir haben derzeit so viele kleine Bands bei Cargo, da geht das nicht, für so etwas muss man in einen Plattenladen gehen können.“ Zum Musik-Entdecken gehört für ihn auch mehr als nur die Musik selbst: „Im Plattenladen sehe ich ein interessantes Cover und höre mir dann die Platte an.“ Online ginge das nicht so gut. „Bands ohne Vertrag machen das sowieso so, dass sie ihre Alben online verkaufen“, ergänzt Chris. „Und alte Bands, die keinen Plattenvertrag mehr haben.“ Wie Chris Reed von Red Lorry Yellow Lorry, Wayne Hussey von The Mission und Last Rites mit Ex-Mitgliedern von Fields Of The Nephilim. „Die sind halt nicht so groß wie Radiohead oder Nine Inch Nails.” Chris war auch klar, dass nach Radiohead andere Bands mit dem Konzept nachziehen würden. „Nur, dass Nine Inch Nails sofort angekündigt haben, dass es von ‚Ghosts’ eine CD-Version geben wird.“

„Das ist das beste Café, das ich in Braunschweig finden konnte“, sagt Sophia. Sie kommt aus Berlin und hat ihre Bewerbungs-Arbeit bei der HBK abgegeben. „Vielleicht werde ich ja genommen, dann komme ich öfter her“, sagt sie. In Berlin kennt sie Läden wie das Riptide zuhauf. „Die stecken aber manchmal keine Liebe mehr rein“, sagt sie. „Das ist alles so selbstverständlich geworden.“

Gerade kam der „Intro“-Verteiler in den Laden und lieferte den angekündigten Heft-Aufsteller. „Das Heft haben wir schon seit zwei Monaten ausliegen“, sagt Chris. „Das bekommen wir auf dem Postweg.“ Die Stellenausschreibung für den „Intro“-Verteiler in Braunschweig hängt nach wie vor im Laden aus. Chris stolz: „Wir sind der einzige Laden in ganz Braunschweig, der die ‚Intro’ hat!“ Das „Uncle Sally’s“ gibt’s hier auch schon seit drei Monaten.

„Eine Hermann-Kola“, bestellt Christian. „Und eine Nick-Cave-CD.“ Soll’s die neue sein, „Dig, Lazarus, Dig!!!“? „Mir egal – ich kenne noch fast gar nichts von ihm und will eine Bildungslücke füllen.“ Chris hat das vorletzte Album „Abattoir Blues/The Lyre Of Orpheus“ da. Christian verzieht sich unter den Kopfhörer des CD-Spielers am Fenster. So ganz seins ist das Doppel-Album aber nicht. „Die melancholischen Sachen, die ich mal gehört habe, fand ich besser.“ Christian kommt aus Wolfsburg und beklagt sich, dass es etwas Vergleichbares wie das Café Riptide dort nicht gibt.

Am St. Patrick’s Day müsste es im Café eigentlich Guinness geben. „Die Wandfarbe hier passt aber schon ganz gut“, lächelt Iris. Und: „Der heilige Patrick hat nicht die Schlangen vertrieben“, klärt sie auf. „Die keltischen Druiden hatten Schlangen-Tattoos, und Patrick hat die Heiden aus Irland vertrieben.“ Schlangen habe es in Irland ohnehin nie gegeben.

Woran erkennt man, ob man bei eBay von einem Bieter oder einem Programm überboten wurde? „Programme haste, wenn du drei Sekunden vor Ende überboten wirst“, sagt Chris. Er findet das ärgerlich, lacht aber: „Menschen kann ich besiegen – Maschinen nicht!“ Ghosts in the machine.

van Bauseneick
www.krautnick.de

Und hier der Link zum Beitrag auf RTL Regional.

2 Kommentare

  1. Das hört sich alles sehr heimelig an, bei Euch. Ich glaube, ich fahre Euch mal über diese schreckliche A2 besuchen… ; )

  2. Freu´ mich schon auf Euer nächsten Frühstück! Werd´ in und um Hannover ein bißchen Werbung für Euer kuscheliges Indieplattenladenchillcafé machen… Lecker!

    Beste Grüße,

    die Kati

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