#95 Blauer Beifall

Jede Menge neuer Platten hab ich im Gepäck; an sich eine unsinnige Formulierung, wenn es lediglich ausdrücken soll, dass jemand neue Veröffentlichungen anzubieten hat, aber in diesem Falle stimmt es einfach: In diesem Monat findet der Riptide-Blog nämlich leider außerhalb des Café Riptide statt. Der Grund ist recht einfach: Ich legte meine Pflichttermine auf die ersten beiden Monatsdrittel, damit ich im letzten Monatsdrittel Urlaub machen konnte. Dadurch verpasste ich eine Menge, das ist mir klar; unter anderem das Konzert von Müller & die Platemeiercombo, die ihr neues Album „Castafiore“ im Riptide vorstellten, und zwar mit ihrer eigenen Akustikinkarnation Müller Meier Rosenmüller als Vorprogramm. Das Album gibt’s nämlich auch auf Vinyl dieses Mal, und wo teilt man solches als Band dem Universum besser mit als in einem Plattenladen? In dem Braunschweiger Plattenladen schlechthin? Vielleicht schaffe ich es dann wenigstens am 10. Oktober nach Wolfsburg, dann tritt das Quartett im Sauna Klub als Anheizer für Freddy Fischer And His Cosmic Rocktime Band auf. Und: Gleich zwei Auftritte von Schepper hab ich außerdem nicht erleben können. Auch verpasste ich das Konzert von den Tanzenden Kadavern im Café Flax in Gifhorn, an einer alten Wirkungsstätte mithin; auch für Wolf Kadavers neu besetze Band gab es einen PVC-Grund, wieder aufzutreten: Inzwischen gibt es zwei neue Singles mit Kadaver-Beteiligung. Die Lesung von Tilman Thiemig aus seinem neuen Buch „Spinnenwege“, das Toddn gerade in seinem Buchbauer-Verlag in auch das Auge ansprechender Form herausbrachte, versäumte ich ebenfalls. Dafür erlebte ich Tilman mit Gitarrist Jörg Melcher als von Neil Youngs „Dead Man“ inspiriertem Begleiter beim Kulturschaufenster, beziehungsweise beim Begleitprogramm in der Neunraumkunst: Tilman ist nicht einfach nur vortragender Literat, er ist ein begnadeter und jede Aufmerksamkeit einfordernder Vokalperformer. Es gab noch so viel mehr im September in Braunschweig, aber ich wollte ja ans Meer. Den Sommer verlängern. Überhaupt einen Sommer haben, der diesen Namen verdient.

Ans Mittelmeer will ich, nach Italien, wie in den vergangenen beiden Sommern auch schon. Ligurien ist nicht nur der vergleichsweise kurzen Distanz wegen attraktiv, sondern auch wegen der Küche. Und wegen der Leute, auch wenn das die Ligurer selbst weit von sich weisen: Sie bezeichnen sich als das am wenigsten zugängliche und offene Volk in Italien. Mir kommt das nicht so vor. Das mag daran liegen, dass die Ligurer damit wie die Braunschweiger sind, und an die hab ich mich inzwischen gewöhnt. Vielleicht stimmt aber auch das nicht mal und selbst die unaufgeschlossensten Italiener sind schlichtweg noch um Längen aufgeschlossener als die Braunschweiger. Egal, ich bin immer wieder gern dort, und dieses Mal wieder über Airbnb. Mein Ziel: Savona. Da war ich noch nicht. Es sieht bei Google einigermaßen groß aus, größer als Levanto vor zwei Jahren und selbstverständlich kleiner als Genua im Vorjahr. Mein binnen einer Stunde gefundener Gastgeber heißt Alex.

Rund eine Stunde brauche ich, um seine Unterkunft zu finden. Die angegebene Straße ist an einer Seite zugewachsen und die angegebene Hausnummer an einer Wand am anderen Ende der Straße zugebaut. Dazwischen ragen zerfallene Häuser aus der Macchie. Zwar komme ich auf die Idee, um den Block zu laufen, aber nicht, es am Ende einer verwinkelten Straße mit ganz anderem Namen zu versuchen, an dem das einzige unzerfallene Haus dieses Viertels am Bahnhof steht. Nur per Telefon ist es möglich, das herauszufinden – wir treffen uns am Bahnhof. Alex ist munter und sympathisch, was aus Sicht der Ligurer womöglich daran liegen mag, dass er selbst keiner ist, sondern Albaner. Er spricht fließend Italienisch und Französisch, was tatsächlich hilft, weil ich meine zusammengeworfenen Rudimente aus beiden Sprachen verwenden kann, um mich mit ihm zu verständigen. Ich soll erstmal an den Strand gehen, sagt er nach einem Begrüßungskaffee, so lange er mein Zimmer – riesengroß und geräumig in dem Haus aus dem Jahr 1933 – für mich vorbereitet.

Ah, ja. Mache ich es wie die Italiener: Die gehen nicht ans Meer, sondern an den Strand. Selten sieht man sie baden, die meiste Zeit garen sie auf Handtüchern vor sich hin, bis hin zur Knusprigkeit, wenn der Garprozess schon einige Jahre anhält. Wie überall in Italien gibt es auch in Savona nur abseits der Kommerzstrände freie Abschnitte, und die Querstraße zu meiner Behausung endet an einem solchen. Dort ist fast nichts los. Die Vorzüge der Nachsaison.

Irgendwann, nach einem Bad im Mittelmeer, schleppe ich mich dann doch in die Stadt. Ich fragte Alex zuvor noch nach einem Plattenladen; in dem neuen riesengroßen Supermarkt gebe es CDs, sagte er, alles, was man will. Das bezweifle ich und freue mich daher, dass ich beim Streifen durch die schmalen Gassen der Altstadt, die sich an das quadratische Einkaufsviertel anschließt und jenes vom Hafen trennt, auf einen winzigen Plattenladen stoße. Davide, der Eigentümer, spricht mich sofort an, auf freundlichste Weise, und kann als nahezu einziger in ganz Savona und Umgebung Englisch. Er strahlt und schwärmt und packt sofort sein Nähkästchen aus. Sein „Vincebus Eruptum“ ist nämlich nicht nur ein Plattenladen, sondern auch ein Label sowie der Name seines Print-Fachmagazins. Er ist auf psychedelische Gitarrenmusik spezialisiert, was in diesem Falle von Pink Floyd bis zu den Desert Sessions reicht und dazwischen Felder abdeckt, die man als weniger Informierter nie zu hören bekommen hat. Sein Laden hängt voller Plakate mit drogentypisch gestalteten Motiven, er hat nur wenige CDs und viele LPs. Er ist glücklich, dass ich mich für seine Sachen interessiere, und plaudert über Festivals in Deutschland, die er liebt und von denen ich ebenfalls noch nie gehört habe. Seine vor Energie und Freude sprühende Art mag so gar nicht zu der schweren Musik passen, die er bevorzugt, und das macht es noch angenehmer, mich von ihm inspirieren zu lassen. Er wirbelt umher um zieht Tonträger aus den Fächern und erzählt etwas darüber. Natürlich will ich etwas von seinem Label haben, mich spricht da das Album an, das er eben auflegte: „Essay On A Drunken Cloud“ von einer verspielten Stoner-Rock-Band aus Bari mit dem zugegebenermaßen sehr bescheuerten Namen Anuseye. Die limitierte LP ist in silbergrauem Vinyl und mit Poster zu haben. Ohne Downloadcode, aber Davide legt mit einfach die CD mit bei, „ist ja mein Label, damit kann ich machen, was ich will“. Die jüngste Ausgabe seines Magazins nehme ich auch mit, und deshalb legt er mir noch drei, vier ältere oben drauf. An der nächsten Ausgabe arbeite er zurzeit, sagt er, das Titelmotiv hängt schon als Poster neben der Kasse, neben dem Plakat zum Album „The Mighty Few“ der St. Petersburger Band The Grand Astoria, das erst nächste Woche auf seinem Label als LP erscheint und das er trotzdem schon bei sich stehen hat, wie er mir stolz kichernd zeigt. Unter den CDs springt mir eine der Band Ufomammut ins Auge, von denen ich in irgendeinem Musikmagazin las, für das ich aber jetzt kein Geld mehr übrig habe. Ich will wiederkommen, und dabei erfahre ich, welches Glück ich habe: Davide arbeitet die Woche über in Mailand und öffnet seinen Hobbyladen nur samstags. Prima, also verabreden wir uns für meinen Abreisetag, den nächsten Samstag, und tauschen Telefonnummern aus. Falls es nämlich während meines Aufenthaltes interessante Veranstaltungen in Savona geben sollte, will er mir die mitteilen.

Mit einer prall gefüllten Tüte trete ich also in die schattige Gasse. Eine Woche lang will ich Savona erkunden, „Vincebus Eruptum“ ist gelungener Start und soll krönender Abschluss sein. Also, was erwarte ich: ligurische Küche, hübsche Plätze voller Menschen, die sich unterhalten, nette Cafés, Strandabschnitte zum Flanieren, frisch bestückte Hafenrestaurants, Pinienduft, Feigen, Eis, Sonne, Gegend, Spaziergänge sowohl am Meer als auch in den Bergen. Was bekomme ich: Bars, die entweder stylo oder billo sind und kaum länger als bis 20 Uhr geöffnet haben, eine Strandpromenade so weit weg vom Zentrum, dass man sich nicht darum bemüht hat, sie attraktiv zu gestalten, verwinkelte Gassen, in denen sich kaum jemand außer zum Shoppen aufhält, diverse Einkaufsmeilen, die ebenfalls kaum Aufhaltequalitäten haben, eine von Alex‘ Bruder Elvis empfohlene Pizzeria, in der man mich nach Verzehr meiner Pizza mit dem vorgeschobenen Argument hinauskomplimentiert, der Platz sei so in einer Viertelstunde reserviert, ein Hafenrestaurant, das die Dorade zwar augenscheinlich frisch zubereitet hat, immerhin kann ich von meinem Platz aus verfolgen, wie der Fischer nach dem Anlanden mit einem Korb fangfrischen Fisches in der Küche verschwindet, sie aber außer den Oliven kaum wirklich wie angepriesen ligurische Zutaten hat. Was das Irritierendste ist: Die Zikaden schweigen. Normalerweise ist der italienische Sommer von den Laubsägegeräuschen der emsigen Insekten erfüllt, hier und jetzt höre ich keinen Ton von ihnen. Das mag an der Zeit im Jahr liegen; dafür nehme ich erstmals wahr, dass es in Italien auch Elstern und Eichelhäher gibt. Immerhin, die Eidechsen sind mittags noch unterwegs.

Irgendwie also erlebe ich Savona als fremd, nicht so Italien, wie ich Italien gewohnt bin. Paradoxerweise kommt mir dieses Italien sogar vertraut vor, was am Klima liegen mag: Die Hitze ist reduziert, die 31 Grad kommen mir nicht so vor. So war der Sommer früher bei uns auch; im Hochsommer brütet es hier ansonsten deutlicher als bei uns, nur ohne die Schwüle. Diese Woche Sommer ist also die für mich angenehmste Sommerzeit, die ich in diesem Jahr erlebe, ohne den täglichen Wechsel aus Heizungskalt und Feuchtheiß.

Auffällig ist wiederum, wie freundlich und freigiebig die Leute hier sind. Ist das Wechselgeld zu hoch und zu kompliziert zu errechnen? Behalt doch den Euro. Du willst dir für fünf Euro allerleckerstes Gebäck in der Pasticceria kaufen? Da gibt’s zwei, drei Kekse obendrauf, mit lustigen Bienen und leckerer Feigenfüllung. Du willst dir solche Kekse als Geschenk mitnehmen? Dann gibt sogar noch ein paar mehr obendrauf und das Ganze liebevoll eingepackt. Du willst dir Feigen kaufen? Die Saison ist vorbei, und damit die letzten Früchte nicht weggeworfen werden müssen, nimm noch eine Schale mit, einfach so. Das macht glücklich und liegt gewiss auch daran, dass die Einheimischen in der Nachsaison wieder Zeit für Einzelbegegnungen haben. Und es gibt viiiieeeeel Platz am Meer. Immer.

Man hat Savona schnell erfasst. Zumindest die Teile um den Hafen, die Altstadt und das Einkaufsviertel. Auch die beachtliche Festung Priamar ist schnell durchmessen, selbst wenn man sich die Zeit nimmt, unter Pinien und Olivenbäumen zu verweilen und von jeder Bastion aus einen anderen Blick wahlweise auf das Meer oder die zugebaute Stadt zu haben. Also streife ich im Ort herum, ziellos, und treffe, als ich mich in einem Viertel verlaufe, das auf dem Stadtplan nicht mehr aufgeführt ist, gleich am ersten Tag den einzigen Menschen, den ich in der Stadt kenne, nämlich Alex, der laut und fröhlich rufend mit dem Fahrrad an mir vorbeifährt. Typisch, lange irgendwo fremd sein geht bei mir gar nicht. Gottseidank.

Auf der Suche nach Alternativen zu den ungemütlichen Cafés stoße ich, einem lautem Gedröhn folgend, auf einen weiteren Plattenladen. Zwar prangt der sehr kunstvolle Eddie vom Cover des neuen Iron-Maiden-Albums „The Book Of Souls“ groß am Eingang, doch spiegelt die plärrende Musik das nicht wider, sondern stellt eher eine Hürde dar, aber ich bin ja neugierig. Der Chef neigt zum Grunzen und hilft mir immerhin, ein Album von Lou Dalfin zu finden, die mir meine Genueser Gastgeber im vergangenen Jahr ans Herz legten, weil sie mit der Band befreundet sind. Die machen eine Art alpiner und attraktiver Subway-To-Sally-Musik, aber in einem Dialekt, den nur noch 32 Menschen sprechen. Beim weiteren Stöbern fällt mir auf, dass das Fach mit italienischem Progrock recht groß ist. Der Bandname Osanna fällt mir immer wieder in die Finger. Den Namen merke ich mir, ansonsten will ich aus dem Laden eher weg.

Kaffee! In Italien ist Kaffee, also Caffè, das, was bei uns Espresso heißt. An der Theke im Stehen eingenommen, kostet er nur einen Euro, das ist sogar mit irgendeiner Verordnung so geregelt. Meine neueste Entdeckung auf dem Feld ist, als Folge einer Beobachtung bei erstbester Gelegenheit, ein „Macchiato“, also ein Caffè mit Milchschaum, der ebenfalls nur einen Euro kostet. Diesen Urlaub gibt es für mich nichts anderes zu trinken. Abgesehen von Wein, natürlich. Und Wasser.

Und Grappa, selbstgebraut von Alex‘ Vater, in Albanien, mitgebracht in einer Zwei-Liter-PET-Flasche. Alex bietet mir davon am ersten Morgen an, und man weiß ja nie, wie das so ist mit enttäuschter Gastfreundlichkeit, nehme ich vorsichtshalber ein Drittel Glasvoll an. Cin cin, wir stoßen an, und ich den Tag über immer wieder davon auf. So ein schweres Zeug. In diesem Jahr habe ich zu so mancher Gelegenheit für Schnapsglasmengen von Schnaps sehr lange gebraucht, dieser Grappa reiht sich da in vorderster Position ein. „Noch einen?“ Danke, nicht um die Uhrzeit!

Außer Alex beherbergt die Riesenwohnung noch seinen Bruder Elvis, die zwei Stockwerke darüber sind mit älteren Menschen und deren Hunden bewohnt. Sie sind sehr nett, und es ist mit ihnen wie mit allen älteren Italienern, denen ich jemals den kleinen Finger meines Minivokuabulars gereicht habe: Sie ignorieren, dass ich sie nicht ausreichend verstehe, und erzählen Geschichten. In einem Falle kommt erschwerend hinzu, dass der Mann aus Neapel stammt und erheblich nuschelt. Aber nett sind sie. Alex erzählt mir, dass zum Ende der Woche hin noch eine Frau in seinem Appartement wohnen wird und ich ansonsten für eine Weile mit Elvis alleine bin, denn er muss nach Albanien zurück, für zwei Tage. Die Wahrheit ist, dass ich ihn danach gar nicht mehr wiedersehe. Elvis treffe ich am Abend darauf im Aufenthaltsraum, in dem die Brüder gerne fernsehen oder am Laptop Emails checken und dabei Clubmusik dudeln lassen. Elvis und ich plaudern eine Weile, wobei uns Google Translate auf unseren Smartphones sehr behilflich ist, und lachen uns mindestens darüber kaputt. Beim Frühstück steckt ein Mann den Kopf durch die Tür, den ich noch nie gesehen habe, und fragt, wo der Bruder von Juli ist. Ich bin verwirrt. Abends erzählt mir Elvis, dass das sein Cousin war. Auch Elvis sehe ich danach nie wieder, dafür aber den Cousin noch ein, zwei Mal. Er kann zwar bruchstückhaft Englisch, vermeidet es aber, und sein Versuch, mit mir auf Italienisch über die Deutsche und Europäische Flüchtlingspolitik zu diskutieren, scheitert leider bald an meinem Wortschatz. Auch ihn sehe ich nie wieder, ich weiß nicht einmal seinen Namen. Am vorletzten Tag rumort es im Bad, ich hoffe, dass Alex wieder da ist, rufe ein lautes „buongiorno“ durch den Flur und finde mich unvermittelt einer gigantischen, Dunkelheit ausstrahlenden, stark schielenden Frau gegenüber, die in Deutschland sicherlich das Zeug zur Walkürendarstellerin hätte. Mehr als ein erwiderter Gruß ist bei uns nicht an Dialogen drin. Nun, auch sie sehe ich nie wieder. Immerhin, mit Alex und Elvis bin ich über Whatsapp verbunden; damit ist er der zweite Elvis in meinem Telefonbuch, nach dem Pano-Elvis. Und à propos Frühstück, ich habe mir Käse gekauft, und im Rahmen der ganzen Italienischsprecherei habe ich jedes Mal, wenn ich mir Käse aufs Brot lege, den Wortohrwurm „Käsitschi“, in Anlehnung an Martin Kesici, den Singstartypen aus dem Fernsehen; so funktioniert mein Kopf, und ich bin sicher, dass ich bei Gehacktem ständig an seinen Kumpel Mark „Mettlock“ Medlock denken würde.

Immerhin eine spannende Bar finde ich: Den Van der Graaf Pub. Der Name verrät es: Hier dreht sich alles um den Progrock. Schon wieder. Die Kneipe ist bis zu den Toiletten vollgestopft mit Postern und Plattencovern klassischer Progbands, auch hier taucht Osanna immer wieder auf. Der Chef spielt mir deren Debütalbum „L’uomo“ von 1971 bei Youtube vor; ja, arttypisch, und interessant, danach werde ich mal Ausschau halten. Der Chef liebt auch Progverwandtes wie Led Zeppelin, Lou Reed, Iron Maiden oder David Bowie, wie er mir stolz präsentiert. Was er indes nicht hat, ist Wein – seine Bar folgt der in Italien seit längerem grassierenden Bierkultur. Seine Bedienung findet irgendwas weißes Blubberndes im Kühlschrank, das nehme ich und bekomme freundlichst Erdnüsse, Chips und Oliven dazu. Der späte Abschied fällt sehr herzlich aus.

Andere gute Bars sind leider Mangelware. In den meisten Etablissements läuft stumpf Radio; der Italo Pop ist hier immer noch ein Hit, und nach meinem Befinden auch zu Recht. „Happy Station“ von Fun Fun hört man bei uns einfach nicht mehr. Ein Versäumnis! Überhaupt, die Achtziger dauern in Italien noch an. „I Want A New Drug“, singt Huey Lewis in Begleitung seiner News, während ich auf mein Weinglas gucke und denke: nö, ich nicht. Das ist leider das Gefährliche am Weine, dass er mir ein Gefühl von Glücklichsein vermittelt, aber gottlob kann ich maßhalten, also nicht die Maß; die auch, sicher. Aus einer Bar am Hafen dringt der alte Chanson „Parole Parole“ von Mina und Alberto Lupo, das Dalida unter anderem mit Harald Juhnke als „Worte, nur Worte“ auch auf Deutsch bekannt machte. Ich habe den Song sogar als Single, dargeboten von Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich, also Peter und Bob von den Drei Fragezeichen. Mehr Emotion als bei diesem Duett geht nicht. Aus einer anderen Gassenbar dröhnt Clubmusik, in Blickweite prangt ein „Sham 69“-Graffito an der Hauswand. Punkrock! Überhaupt weisen viele Stencils Savona angenehmerweise als „Zona Antifa“ aus. Schade indes, dass ich so etwas wie Sham 69 in keiner Bar zu hören bekomme.

Irgendwann beschließe ich, mich in der Touristeninformation beraten zu lassen. Irgendwo in Savona soll es beispielsweise eine Pinakothek geben, ich will wissen, wo. Auf Dom und Sixtinische Kapelle hingegen habe ich keine Lust. Jedoch: Sage mal jemand den Offiziellen, dass man eine Adressänderung der Touristeninformation den Touristen auch mitteilt. Auf diversen Stadtplänen finde ich drei verschiedene Standorte, die allesamt völlig frei von Touristeninformationen sind. In einer Apotheke verrät man mir den neuen Standort: am Fährhafen Palacrociere. Was ich dort erfahre, ist noch schlimmer: Die ganze Stadt, inklusive der Öffnungszeiten der Touristeninformation, ist an die Fährschiffe getaktet. Ab und zu driften nämlich Kreuzfahrtschiffe von der Größe des Saarlandes in den winzigen Hafen und schmeißen mit Touristen um sich. Nur dann sind die Pinakothek, der Dom, das Museum in der Festung, die Geschäfte und die Info geöffnet. Ich habe also Glück in diesem Moment. Auch mit meiner Ansprechpartnerin, die mir beim Stichwort „Vinyl“ eine Stelle auf dem Stadtplan ankreuzt, die ich von alleine niemals aufgesucht hätte, weil ich dort ein reines Wohngebiet vermutete, irrtümlich, wie sich herausstellt; sie erinnert sich an den Plattenladen dort, weil ihr Freund dort mal gearbeitet hat.

Ein Ziel! Ideal für einen Regentag. Den es tatsächlich gibt. Ich starte, der ausschließlich vormittäglichen Öffnungszeiten wegen, in der Pinakothek. Die ist wirklich klein, auch hier bin ich fast der einzige Gast. Im ersten Stock begleitet mich eine junge Aufpasserin durch drei Räume. Schweigend trotten wir hintereinander her. Sie betont in andere Richtungen blickend, ich bald betont in ihre: Ich spreche sie an, was eine gute Idee ist, denn wir haben – auf Englisch! – sehr viel Spaß miteinander. Sie nennt mir Hintergründe zu den Exponaten und ich teile ihr meine Eindrücke mit. Ein schöner Austausch. Bei den religiös geprägten Bildern etwa fällt mir auf, dass neben dem neugeborenen Jesus oft Leute mit Büchern stehen, was ja anachronistisch lustig ist. Ein Bild treibt es auf die Spitze, denn da hat jemand neben dem Jesuskind ein Kreuz in der Hand, bringt also zu Christi Geburt das Symbol für dessen Tod mit. So sind sie, die katholischen Künstler. Na, in erster Linie ging es ihnen wohl eher darum, Maltechniken auszuprobieren; wer sich auf die Stoffwürfe, Gesichtsstrukturen und Hintergründe konzentriert, sieht, wo die tatsächlichen Qualitäten der Künstler lagen. Einer der Hirten, auf Italienisch Pastore übrigens, die auf einem anderen Bild an die Krippe pilgern, sieht aus wie Bob Dylan, teile ich meiner Begleiterin mit, und nachdem sie herzerweichend süß „Bohb Dielan“ wiederholt, versteht sie, wen ich meine, und teilt lachend meinen Eindruck. In einem der Räume hat ein italienischer Sammler russische Ikonenbilder ausgestellt. Und zwar sehr freakige: Als ich gerade bei einem Bild die Maltechniken zwischen diesen und den italienischen Gemälden vergleichen will, fällt mir auf, dass Maria drei Hände hat. Ich teile den Witz mit meinem Bodyguard, und sie grinst nur und sagt, dass das auf allen Bildern so ist. Tatsächlich. Spooky. Sie erzählt, dass einem Heiligen die Hand abgeschlagen wurde und die Maler anfingen, sie dann Maria zukommen zu lassen, damit sie nicht wegkommt. Zunächst malten die Künstler die Hand Maria wie ein Amulett um den Hals, auf späteren Bildern trägt sie wie selbstverständlich damit ihr Kind. Mich erinnert ersteres an eine Hasenpfote, und meine Begleiterin weiß, dass es in Süditalien noch heute alte Leute gibt, die wirklich noch Hasenpfoten anfertigen. Damit ist diese Madonna jedenfalls deutlich cooler als Madonna Ciccone heutzutage.

Den Moment zwischen zwei Schauern nutze ich, um den dritten Plattenladen zu finden. „Vinyl Magic 3“ heißt er; ein „Mykonos 2“ gibt es in unmittelbarer Nachbarschaft nicht. „Vinyl Magic 1 und 2 gibt es nicht mehr“, erzählt mir der Besitzer – vermutlich Ilario, wie Davide später vermutet; ich behalte den Namen der Einfachheit halber bei – trotz des eher tragischen Themas lachend. Tragische Themen hat er einige, und doch wirkt er zuversichtlich. Denn mehr als tragische hat er schwärmerische Themen. Sofort fällt mir auf, dass Davides Magazine ausliegen. Natürlich, sagt Ilario, man hat eine Kooperation. „Vinyl Magic 3“ hab ebenfalls ein eigenes Label, „Beard Of Stars Records“, doch legt Ilario es zu den Akten und betreibt den Ausverkauf. Es sei zu viel für ihn, er sei zu alt, aber es gebe Gespräche mit Davide, dass er das Label übernimmt und weiterführt. Ich suche mir aus seinem Programm „Cosmic Wind“ von Paul Chain The Instrumentalist mit, von dem Musiker erzählte auch Davide kurz etwas. „Ein wichtiger Musiker in Italien“, sagt Ilario anerkennend. Früher ein experimenteller psychedelischer und metallischer Gitarrist, heute schwebe der zumeist im Wallegewand umher und sei unter die Esoteriker diffundiert. Ich frage nach Osanna, was Ilario dazu bringt, mir Reprints ganz anderer italienischer Progbands in die Hand zu drücken, deren Namen ich mir dummerweise nicht merken konnte. „Du interessierst dich für Metal?“, fragt er dann und holt einen dicken Stapel neu eingetroffener Gebraucht-LPs von hinten. Neugierig gehe ich sie durch – und kenne nichts. Okay, Motörhead und Overkill, aber der Rest ist mir völlig fremd. Und sieht zudem so aus, als hätte man in den Achtzigern einen Dreizehnjährigen gebeten, sich Heavy-Metal-Covers auszudenken. Gelegentlich deutet Ilario auf einzelne Exemplare und hebt den unerwartet hohen Sammlerwert hervor. Er lacht: „Da geht es dann oft nicht mal mehr um die Musik.“ Also, auch „Vinyl Magic 3“ ist ein Ort nach meinem Geschmack.

Damit ist Savona für mich weitgehend erlebt. Zwischendurch erreicht mich eine SMS von Davide, dass in meinem Aufenthaltszeitraum nichts Spannendes stattfindet. Was zu erwarten war. Nun denn. In direkter Nachbarschaft und für mich auch zu Fuß erreichbar liegen zwei Örtchen mit den verwirrend ähnlichen Namen Albisola und Albissola. Das eine ist Albisola Superiore, das andere und interessantere Albissola Marina. Das weiß ich von der Touristeninformationsfrau, dass es links und rechts von Savona einiges zu entdecken gibt. Also Albissola, das damit lockt, dass da ein paar Künstler den 800 Meter langen Weg an der Strandpromenade mit Mosaiksteinchen gepflastert haben. Das stimmt wohl, die beiden Albis rühmen sich ohnehin ausdrücklich ihrer Keramikkünstler und Werkstätten. Und haben sonst auch nicht viel mehr zu bieten. Seit 1963, als der Mosaikweg angelegt wurde. Das ist typisch für die Riviera, da ähnelt sie dem Westharz: Man verließ sich so sehr auf seinen Ruf, der die Touristen anlockte, dass man es unterließ, sich weiterzuentwickeln. Heute hat vieles einen maroden Charakter und wirkt überkommen. Die Leute mit Geld, die früher etwa nach Sanremo fuhren, jetten heute für das gleiche Geld an exotischere Orte. Als solche mit Mosaikfußwegen. Als Dänemarkfan freue ich mich zumindest, dass auch der Maler Asger Jorn ein Mosaikkunststück beigesteuert hat, zwischen den ganzen mir unbekannten Italienern. Außerdem hinterließ er dem Ort seine Villa, die er damals kurz bewohnte. Aha, das erklärt das hohe Aufkommen von Dänen in dieser Gegend; einer erzählt mir, dass das Legoland in Billund zurzeit ein Museum einrichtet, das in ein, zwei Jahren fertig sein soll und dann sämtliche bisherigen Lego-Modelle zeigt – ein Traum. Was die Hinweisschilder in Albissola mir leider nicht verraten, ist, dass sich Jorns Villa sehr weit oberhalb des Ortes befindet, und was sie auch unterschlagen, sind die Öffnungszeiten an Vormittagen. Ich stehe nachmittags atemlos vor verschlossener Tür, immerhin mit prachtvollem Blick auf Mittelmeer und Baukräne, und trete den Rückweg an.

Zwischen Savona und Albissola befindet sich der inzwischen aufgegebene Startpunkt der Funivie. Dabei handelt es sich um die längste Seilbahn der Welt. Das allerdings verriet mit erst Wikipedia, nachdem ich bei einer Bergwanderung mehrmals auf die verrosteten Masten und die an dem Tag stillhängenden Kohlekübel stieß. Der Clou daran ist, dass damit Kohle aus dem Hafen direkt ins Hinterland (engl. „Hinterland“, echt) transportiert wird, was Abertausende Lkw-Ladungen vermeidet. Das ist eine spannende Attraktion, für die sich aber offenbar außer mir kein Tourist interessiert, weshalb Savona selbst sie auch verschweigt.

Auf der anderen Seite von Savona entdecke ich dann Noli. Das ist mir zu weit weg für mit den Füßen, es fährt ein Bus die Via Aurelia entlang. Und kurz vor meiner Heimreise nun erlebe ich endlich ein Italien, wie ich es kenne und mag, nur ebenfalls ohne Zikaden: Die Häuser sind mittelalterlich, gut erhalten und mit pittoresken Lädchen ausstaffiert, die Einheimischen treffen sich erst auf der freundlichen Strandpromenade, dann später im Zentrum wieder, sich begrüßend, austauschend, verabschiedend. Noli lädt zum Genießen ein. Das gelingt mir bestens. Zum Weißwein reicht man nicht nur Oliven, sondern auch Käse, Salami und Teigprodukte. Ein Glas Wein bestellen und eine kleine Mahlzeit bekommen. Hier lässt es sich aushalten. Aus der Bar dringt Reggaemusik. Selbst die Senioren mögen das. Viele gehen wippend und pfeifend vorbei, wenn sie nicht an einem Tisch mit Bekannten hängenbleiben. „Chase The Devil“ von Max Romeo kennt jeder und singt jeder mit, obwohl offen ist, dass sie wirklich die Version von Max Romeo kennen und nicht „Outer Space“, das The Prodigy daraus gemacht haben. Am nächsten Tag bin ich der schönen Stimmung wegen wieder in Noli, dieses Mal spielt diese Bar Coversongs in obskuren Versionen, etwa „Sympathy For The Devil“ von den Rolling Stones in einer von einer Frau gesungenen Discoversion. Was auch Noli indes nicht kann, ist Dinge ausschildern: Die berühmte, über allem thronende Burg ist geschlossen, die Höhle im benachbarten Ortsteil Bergeggi, die Grotta del Treno, ebenfalls, genau wie die Meeresgrotte, die Grotta Marina, die man zwar mit dem Boot erkunden kann, zu Fuß aber ausschließlich zu vier festgelegten Zeiten im Jahr, die dummerweise allesamt nicht im September liegen.

Die letzte Empfehlung der Touristeninformationsfrau ist ein winziges Restaurant in der Via Pia, das die für Savona typische Farinata macht. Die probiere ich, Teigfladen aus Mehl oder Kirchererbsen, und ich mag beide gern, aber letztere lieber. Freitagabend, mein vorerst letzter Abend in Italien, da schlendere ich erneut durch die Straßen, und höre plötzlich „Carrie“, eine Single von Europe, an die sich ja nun wirklich niemand mehr erinnern kann, von irgendjemandem live dargeboten durch Savona wehen. Da muss ich doch sehr grinsen. Noch mehr, als ich sehe, wer den Lärm ausdünstet: Eine Handvoll junger Männer steht unter einer einzelnen LED-Leiste mit nur vier Spots und vor nur sehr wenigen Zuschauern auf Bierzeltgarnituren vor einer Bierbude und macht Mucke. Da setze ich mich sofort an einen der Tische der dazugehörigen Bar und bestelle einen Wein. Der kommt, anders als zuletzt in Noli, komplett ohne Sättigungsbeilagen daher. Uha. Ein Flyer auf dem Tisch verrät mir, dass die Harley Owners Group Italy dieses „6° McBierfest“ (Originaltitel!) veranstaltet. Heute spielen die Noisy Neighbors, und sie verbeißen sich wohl gerade in Europe, denn es folgt selbstredend „The Final Countdown“. Für morgen ist hier eine Disco angesetzt, das werde ich gottlob nicht mehr erleben. Die Keyboardfanfaren verklingen, der Applaus klingt so üppig wie bei einer lähmenden Pflichtschulveranstaltung in der Turnhalle. Natürlich folgt jetzt „Jump“ von Van Halen, ebenfalls Rock mit Keyboard, aber mit mehr Würde als bei Europe. Ein mir unbekanntes Stück ertönt noch, dann spielen die Jungspunde „Stairway To Heaven“ von Led Zeppelin in einer Version, die so klingt, als solle es das letzte Lied des Abends sein. Tatsächlich, der Tonmann blendet danach in die Konserve über. Die Bar hinter mir hält mit Funktionsmusik Marke Lana Del Rey, Lady Gaga oder Amy Winehouse dagegen und vertreibt mich damit.

Und dann ist der Tag der Abfahrt gekommen. Zuvor kehre ich natürlich wie verabredet bei Davide ein, das Ufomammut holen. Dabei bleibt es aber nicht. Davide freut sich, dass ich Wort halte, und fragt mich nach meinen Erfahrungen hier. Ich erzähle ihm, dass ich Savona seltsam finde, und er erläutert, dass das eine Industriestadt war und dass die Leute noch nicht verstanden haben, sich auf Touristen oder Gäste einzustellen. Man müsse der Stadt Zeit geben. Strukturwandel also, wie in Wolfsburg oder dem Ruhrgebiet, da klappt das auch eher unterschiedlich gut. Den Van der Graaf Pub kennt Davide natürlich, und über den Besitzer weiß er, dass er Gründungsmitglied einer der ersten italienischen Heavy-Metal-Bands in den Achtzigern war, Vanexa. Das Debüt gilt als das erste Metal-Album Italiens, sagt Davide. Unfassbar (wenngleich mir das Internet später sagt, dass jener Fabrizio Cruciani Sänger bei einer Metal-Band namens Knife Edge war). Auch „Vinyl Magic 3“ kennt Davide natürlich, und ärgert sich jetzt, dass er vergaß, mir davon zu erzählen. Aber ich hab es ja auch ohne ihn gefunden. Der Chef Ilario sei nicht einfach nur ein Freund, sagt Davide, sondern ein Bruder. Das Magazin „Vincebus Eruptum“ hat er zusammen mit Ilario gegründet, damals noch auf Italienisch, heute schreibt er alles auf Englisch. Die Druckfahnen der nächsten Ausgabe liegen vor ihm auf dem Tresen. Vor lauter Freude schenkt er mir ein Exemplar von Ausgabe drei, das in einer TV-Dokumentation zu sehen ist und daher einige Berühmtheit erlangte. Auch bestätigt er die angedachte Labelkooperation mit Ilario. Dann erzählt er von der Band That’s All Folks!, aus der später Anuseye hervorgingen und die seinerzeit auf Beard Of Stars erschien. Sein letztes Exemplar des wegweisenden Psychedelic-Stoner-Albums „Zoma … 3rd Way To Zion“ lege ich zu der Ufomammut-CD „Eve“. Zu Ufomammut hat Davide selbstredend auch enge Verbindungen, deren Grafiker hat mit ihm schon zusammengearbeitet. Ich entdecke, auf wie vielen der Plakate im Laden tatsächlich „Ufomammut“ steht. Davide zeigt mir das erste Interview mit der Band, das natürlich in seinem Magazin erschien. Auch Osanna sagt Davide etwas, aber er findet andere Progbands relevanter, etwa Garybaldi, humorig mit Y in der Mitte, und deren LP „Nuda“, mit dem dreifach klappbaren Gatefold, auf dem eine nackte Frau zu sehen ist, gestaltet vom zumindest in Italien berühmten Comickünstler Guido Crepax und als Vinyl heute extrem schwer zu bekommen. Eine weitere Freundschaft pflegt Davide zu Taxi Driver Records, dem Laden, den ich vergangenes Jahr in Genua entdeckte und wo ich mir mein persönliches bestes Album des Jahres 2014 empfehlen ließ, das selbstbetitelte Debüt von Mope, Doom Metal mit Saxophon, großartig. „Die Besitzerin von dem Laden spielt dort das Saxophon“, verrät mit Davide. Die Empfehlende selbst verschwieg es mir. „Sie ist bescheiden“, sagt Davide. Was für ein Laden, hier läuft alles zusammen. Das sieht er auch so und strahlt: „Hier ist das Herz der psychedelischen Musik in Italien.“ Er greift geschwind in die Box mit den LPs von The Great Astoria, die jetzt offiziell zu haben sind, und steckt eine davon in meine Tüte. „Als Promo-Kopie“, sagt er. Da ist sie wieder, die Freigiebigkeit der Ligurer. Und ganz sicher bekommt er ein Review von mir.

Zuletzt fragt Davide mich, ob ich vorhabe, nach Ligurien zurückzukehren. Aber ganz bestimmt! Ehrlicherweise hätte ich ohne ihn kein Ziel in Savona gehabt, das das Wiederkommen rechtfertigte. Aber sein Laden macht den Urlaub zur Heimat und holt das auf eine andere Art Besondere an das für mich ohnehin nicht alltägliche Mittelmeer. Jetzt freue ich mich aber auf zu Hause. Ich muss dringend ins Riptide. Mal gucken, ob sie was von Osanna, Garybaldi oder Vanexa bestellen können. Und ich muss Doktor Günther mal fragen, den Stoner-Experten in Braunschweig, ob er was von meinen Mitbringseln kennt und vielleicht schon auf seiner Doom-Charts-Webseite besprochen hat. Und warm anziehen: Ist das kalt hier!

Matze Bosenick
www.krautnick.de

1 Kommentare

  1. wow! klasse geschrieben matze!
    verdammt- da muss ich auch mal hin.
    ins herz der psychedelischen musik in italien…

    aber trotzdem schön, das du wieder da bist. 🙂

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